Geschichte

Kuba im Spiegel der Geschichte 3: (1961-1970)

Der erste Anschlag der Guerillatruppe von Fidel Castro erfolgte am 26. Juli 1953 mit einem Angriff auf die Moncada-Kaserne von Santiago. Er schlug fehl, Castro wurde zu einer Gefängnisstrafe von 15 Jahren verurteilt. Batista begnadigte ihn nach eineinhalb Jahren, woraufhin Castro zunächst in die USA, dann nach Mexiko ins Exil ging. Dort bereitete er sich mit Exilkubanern auf den erneuten Umsturzversuch vor. Dreieinhalb Jahre später kehrte er mit 82 Guerilla-Kämpfern zurück, darunter war auch der argentinische Arzt Che Guevara.

1961 DIE INVASION IN DER SCHWEINEBUCHT

Im Januar 1961 schließlich brach Präsident Dwight David Eisenhower die diplomatischen Beziehungen zu Kuba gänzlich ab. Am 15. April 1961 bombardierten die USA drei kubanische Luftwaffenstützpunkte. Am 17. April, kurz nach Mitternacht, landete eine von den USA und Exilkubanern finanzierte Militäreinheit aus rund 1.500 Soldaten, die „Brigade 2506“ in der Schweinebucht (Playa Girón). Aus der Überraschung wurde jedoch nichts, denn Fidel Castro war auf die Invasion vorbereitet. Mit seinen revolutionären Streitkräften hielt er dagegen – mit Erfolg: Am 20. April gaben die Invasoren aufgrund von Nahrungsmangel auf. Mehr als Hundert von ihnen waren gefallen, der Rest kam in Gefangenschaft. Sie erhielten in Schauprozessen, die das kubanische Fernsehen übertrug, hohe Haftstrafen. Unter den gefangen genommenen Exilkubanern wurden auch ehemalige Folterer der Batista-Diktatur identifiziert. Sie wurden vor ein Militärtribunal gestellt, fünf davon zum Tode verurteilt und erschossen. Ende 1962 wurden viele der Gefangenen gegen Lieferung von Medikamenten und Nahrungsmitteln im Wert von 53 Millionen Dollar ausgetauscht und in die USA gebracht. 

In der Folge verhärteten sich die politischen Fronten weiter: Ohne Entschädigung wurde nun jegliches noch verbliebene ausländische Eigentum in Kuba verstaatlicht. Auf Druck der USA brachen auch andere Staaten wie Japan und Kanada ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Kuba ab. 

Der bewaffnete Widerstand gegen Castro wurde nach der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht fast gänzlich aufgegeben. Es kam jedoch weiterhin zu Sabotageakten, auch begangen von eingeschleusten Exilkubanern. Noch immer bildete die CIA in den USA Exilkubaner militärisch aus, es wurden sogar Mordanschläge gegen den Comandante geplant. 

Cuba flag is depicted on a sports cloth fabric with many folds. Sport team waving banner

1961-1965: 638 ATTENTATSPLÄNE AUF DEN MAXIMO LEADER – OPERATION „MONGOOSE“

An Ideen mangelte es nicht: Eine explodierende oder vergiftete Havanna-Zigarre, vergiftete Speisen, Getränke und Kugelschreiber, LSD, ein Mittel für Haarausfall, sogar eine explodierende Muschel oder ein mit Tuberkulose kontaminierter Neoprenanzug sollten den passionierten Taucher Castro in die ewigen Jagdgründe befördern. Auch Versuche mit Schusswaffen und Sprengstoff scheiterten. Einige Vorhaben erscheinen derart slapstickhaft, dass man sie in einer Komödie wohl als zu albern betrachtet hätte, wie zum Beispiel der – ebenfalls erfolglose – Versuch, Castro mit seinem Lieblings-Schokoladeneis zu vergiften: Die Zyankali-Kapsel, die ein als Kellner getarnter Agent im Kühlfach aufbewahrt hatte, war festgefroren. Und der Versuch, Castro während eines Baseballspiels mit einer Handgranate zu töten, scheiterte, weil die Attentäter beim Üben des Wurfs mit Orangen im noch leeren Stadion auffielen. 

Alles in allem gab die CIA dabei keine gute Figur ab. Dennoch bestätigte der Geheimdienst im Jahr 2007 erstmals die – allesamt missglückten oder auch nie zur Ausführung gebrachten – Attentate gegen den kubanischen Revolutionsführer unter dem Decknamen „Operation Mongoose“ in den Jahren von 1961 bis 1965. Unterstützt wurde sie dabei von Exilkubanern und – erstaunlich pragmatisch und ohne jegliche Berührungsängste – von zwei amerikanischen Mafia-Mitgliedern, die damals zu den meist gesuchten Kriminellen der USA zählten. Aber auch sie scheiterten. 

Die insgesamt 638(!) Mordkomplotte, die über die Jahre zusammenkamen, brachten Fidel Castro sogar einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde ein, zusätzlich zu dem Eintrag als der am längsten dienende Staatsmann der Welt. Dass er am Ende doch noch 90 Jahre alt wurde, hat der Máximo Líder vor allem seinem leistungsfähigen Geheimdienst unter Fabian Escalante zu verdanken. 

1962: DIE WELT AM RANDE EINES ATOMKRIEGES

Im September 1962 entdeckten die USA sowjetische Atomraketen auf Kuba mit einer Reichweite bis New York. Gemäß der Denke im Kalten Krieg der Supermächte betrachtete die Sowjetunion diesen Schachzug als notwendig, weil die USA an der türkischen Grenze zur UDSSR ebenfalls  Atomwaffen stationiert hatten. Tatsächlich hatten die Amerikaner bereits seit einiger Zeit einen guten Vorwand gesucht, um Kuba anzugreifen und wieder eine US-freundliche Regierung einzusetzen. 

Im Oktober belegten die USA Kuba mit einer Seeblockade und bedrohten sowjetische Handelsschiffe mit Warnschüssen. Während des folgenden, fast zweiwöchigen Nervenkriegs zwischen den USA und der UDSSR stand die Welt am Rand eines Atomkriegs. In geheimen Verhandlungen zwischen John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow einigten sich die Mächtigen gegenseitig darauf, ihre Atomwaffen abzubauen. Dies wurde in der Öffentlichkeit jedoch nicht bekannt, so dass diese die USA als Sieger im Konflikt wahrnahm. Öffentlich verzichteten die USA auf einen erneuten Angriff auf Kuba. 

AB 1962: NEUE ABHÄNGIGKEITEN FÜR KUBA: DIE MANGELWIRTSCHAFT

Die Menschen in Kuba hatten sich von der Revolution soziale Gerechtigkeit erhofft. Die Agrarreform und die Enteignungen brachten Grundbesitz und Unternehmen in staatliche Hand, aber die Arbeitsproduktivität sank dramatisch – vermutlich auch, weil die ehemaligen Eigentümer neben ihrem Know-how auch große Teile ihres Vermögens bei ihrer Flucht mitgenommen hatten. Zwar hatten bisher benachteiligte Unterschichten nun mehr Geld zur Verfügung, etwa weil die Mieten für Wohnungen halbiert wurden, aber er gab auch weniger Waren.

Die Regierung Kubas verfolgte weiterhin ihr Ziel, einen „neuen Menschen“ zu schaffen, wie in den Ideen von Che Guevara beschrieben – frei von Egoismus und Individualität und vorbildlich mit aller Kraft für das Gemeinwesen. Dieses Ideal sollte in einem stetigen Prozess, der „permanenten Revolution“ erreicht werden. Dies ging aber auch mit einer fortschreitenden Bürokratisierung einher. Dennoch leistete Castro auf dem Bildungssektor viel: Etwa eine Alphabetisierungskampagne und die Öffnung der Universitäten für Menschen aus den Schichten, die sich ein Studium bislang nicht hatten leisten können. Kuba wurde bald zu einem vorbildlichen Beispiel für seine Leistungen in Bildung und Forschung, Gesundheit, aber auch Frauenrechten. Bücher und Telefon waren kostenlos, öffentliche Verkehrsmittel extrem günstig. 

Die immer besser ausgebildeten Menschen vom Land suchten mehr und mehr Berufe in den Städten. Die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft waren inzwischen geprägt von zentralistisch geführten gigantischen Staatsfarmen, die die Beschäftigten vom bäuerlichen Denken entfremdeten. Die Versorgung der Bevölkerung wurde immer schwieriger. Deswegen – und auch wegen des US-Embargos – war Kuba wirtschaftlich von sowjetischen Subventionen abhängig. Die Antwort der Regierung auf die Krise in der Landwirtschaft waren Arbeitslager, in denen politische Gegner, Homosexuelle und kritische Künstler gezwungen wurden, „nützliche Arbeit“ zu verrichten. 

Ein anderer Weg verfolgte die Idee, die Motivation der Menschen durch moralische Anreize zu steigern und die Staatsbetriebe aus dem Staatshaushalt zu finanzieren. Die Begeisterung des Volkes war jedoch längst erloschen. Die Versorgungsmängel führten mehr und mehr zu Unzufriedenheit. 

Im Jahr 1970 wurde im Rahmen einer Kampagne, Gran Zafra, eine „tolle Ernte“ staatlich verordnet. Ganze zehn Millionen Tonnen Zucker sollten geerntet werden, ein Rekordwert. Massen wurden mobilisiert, Kräfte aus anderen Wirtschaftsfeldern abgezogen, nur um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, hinter dem vor allem eins stand: Der verzweifelte Wille zu beweisen, dass Kuba wirtschaftlich unabhängig war. Zwar wurde eine Rekordernte von immerhin 8,4 Millionen Tonnen Zucker eingefahren, aber die kubanische Volkswirtschaft nahm schweren Schaden und die Versorgung der Bevölkerung brach weiter ein. Letztlich erkannte man, dass Kuba ohne die Sowjetunion nicht überlebensfähig war.   

Bettina Bormann

Geboren in Neustadt an der Weinstraße, aufgewachsen in Hameln, der Rattenfängerstadt. Studium der Sozialwissenschaften in Göttingen (Sozialpsychologie, Soziologie, Kriminologie, Strafrecht, Sozialpolitik), drei Jahre in der kriminologischen Forschung (Sonderforschungsbereich der Uni Bielefeld). Ausbildung zur Mediendesignerin (CDI, Göttingen) und Redaktionsvolontariat. Seitdem fest und frei - PR und Journalismus - heute PR und freie Reisejournalistin. Bettina Bormann lebt und arbeitet seit 1995 in Hamburg.