Geschichte

Kuba im Spiegel der Geschichte 4: (1971-1989)

Kuba pflegte intensive Beziehungen zur Sowjetunion und zu den anderen Staaten des Ostblocks sowie zu lateinamerikanischen Staaten mit sowjetfreundlichen Regimen. Wirtschaftlich jedoch konnte das Land nicht auf eigenen Füßen stehen. Diese Abhängigkeit rächte sich, als der kalte Krieg zwischen den Supermächten endete und die Ostblockstaaten sich auflösten. Die Misere führte zum Volksaufstand und zur Massenflucht.

1971: DIE SIEBZIGER-JAHRE BIS ZUM ENDE DES KALTEN KRIEGES 

Kuba pflegte intensive Beziehungen zur Sowjetunion und zu den anderen Staaten des Ostblocks sowie zu lateinamerikanischen Staaten mit sowjetfreundlichen Regimen. Wirtschaftlich jedoch konnte das Land nicht auf eigenen Füßen stehen. Diese Abhängigkeit rächte sich, als der kalte Krieg zwischen den Supermächten endete und die Ostblockstaaten sich auflösten. Die Misere führte zum Volksaufstand und zur Massenflucht.  

BRUDERSTAATEN UND GRAUES JAHRZEHNT FÜR KRITISCHE KÜNSTLER

Zu den Bruderstaaten entwickelten sich intensive Beziehungen, die Karibikinsel wurde zum Urlaubsparadies für Ostblockfunktionäre. Viele junge Menschen aus der DDR und anderen Staaten des Ostblocks studierten in Kuba. 

Für Künstler und Intellektuelle begann jedoch das „graue Jahrzehnt“, decada gris, als der Dichter Heberto Padilla in Ungnade fiel, weil er sich in seinem Gedichtband „Außerhalb des Spiels“ anti-revolutionär äußere. Als er dann wegen angeblicher Kontakte zu ausländischen Geheimdiensten verhaftet wurde, begann das „graue Jahrfünft“, quinquieno gris – mit einer harten Verfolgung von Andersdenkenden und sogar „Säuberungen“. 

Auf vielfältige Weise engagierte sich Kuba im Rahmen der Politik des Internationalismus für kommunistische Regimes wie die Sandinisten in Nicaragua, aber auch in Angola und Äthiopien. Mehr als 50.000 Ärzte wurden in über 60 Länder entsandt, um dort humanitäre Hilfe zu leisten, auch in Venezuela. Im Gegenzug lieferte das Land günstiges Öl nach Kuba. 

Dennoch nahmen Kubas wirtschaftliche Probleme immer dramatischere Formen an. Hinzu kam ein Mangel an gut ausgebildeten Lehrern, denn die gewünschte „größtmögliche Bildung für alle“ konnte nur durch eine Absenkung der Anforderungen erreicht werden. Ein anderer Effekt: Es gab keine Reinigungskräfte mehr. Durch den Mangel wurde Nützliches nach Möglichkeit „beiseite geschafft“, handwerkliche Dienstleistungen erfuhren auf diese Weise eine Blüte in einem Parallelmarkt. 

Versorgungsprobleme und Mangel an Wohnraum führten letztlich zu sozialen Spannungen. Im April 1980 besetzten Kubaner die peruanische Botschaft in Havanna, um ihre Ausreise zu erzwingen. Tatsächlich gestattete die kubanische Regierung, dass Boote aus den USA die Flüchtlinge in die Vereinigten Staaten brachte. Rund 100.000 Kubaner flüchteten auf diese Weise. 

1989: DIE ZEIT NACH DEM ENDE DES KALTEN KRIEGES

Das Ende der Eiszeit zwischen den Supermächten und vor allem die Auflösung der Ostblockstaaten ab dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 löste eine gewaltige Wirtschaftskrise in Kuba aus: Wirtschaftshilfen und Handelsbeziehungen brachen weg, die Versorgung der Bevölkerung wuchs sich nun zu einem dramatischen Problem aus. Als die Erdöllieferungen aus der ehemaligen Sowjetunion von 13 auf nur noch vier Millionen Tonnen pro Jahr sanken, stürzte dies Kuba zudem in eine schwere Energiekrise. Waren, auch Lebensmittel, mussten bis zu einem Minimum rationiert werden, der private Autoverkehr kam beinahe vollständig zum Erliegen. Vieles gab es nur noch auf dem Schwarzmarkt gegen harte Dollar. In dieser Situation verschärften die USA das Handels-Embargo noch.

Im Sommer 1994 war die Bevölkerung in Havanna wegen der Misere derart aufgebracht, dass es mehrere Versuche gab, Schiffe zu entführen, um damit nach Florida zu fliehen. Die Situation spitzte sich zu: Die kubanische Marine versenkte am 17. Juli einen entführten Schlepper mit etwa 70 Menschen an Bord, der schon in Richtung USA unterwegs war. 40 Leute starben dabei. Am 3. August wurde eine Fähre entführt. Dies endete glücklicher: Die Küstenwache der USA spürte sie auf und bot den Menschen Asyl in Amerika an. 

Am 5. August kam es dann in Havanna zu einem gewalttätigen Volksaufstand: An diesem Tag wurde erneut eine Fähre entführt. Im exilkubanischen Propagandaradiosender Radio Martí, der aus Miami sendete, wurden Gerüchte über weitere Entführungen verbreitet. Daraufhin eilten tausende Menschen zum Hafen und zum Malecón, um eine Mitfahrmöglichkeit zu ergattern. Plötzlich erkannten die Massen ihre Stärke, Parolen wie „Freiheit, Freiheit!“ und „Kuba ja, Castro nein“ wurden skandiert. Es kam zu Plünderungen in Hotels, Polizisten wurden angegriffen, einer starb dabei. In dieser aufgeheizten Situation erschien Fidel Castro persönlich im Tarnanzug und forderte die Demonstranten auf, sich zu entfernen. Er sagte zu, dass diejenigen, die das Land verlassen wollten, dies tun dürften. Mit seinem Charisma konnte er die Situation beruhigen, nun riefen Sprechchöre „Es lebe Fidel“! Die Polizei hielt sich zurück, aber man sandte brutal agierende Paramilitärs. 

Zwei Tage später ließ Castro die Küstenüberwachung temporär aufheben – damit begann eine Massenflucht: Mehr als 33.000 Menschen flohen. Die derart hohen Flüchtlingszahlen führten dazu, dass der damalige US-Präsident Bill Clinton am 19. August 1994 entschied, nicht mehr allen Flüchtlingen aus Kuba automatisch Asyl zu gewähren. Die Praxis sieht es seitdem vor, dass Bootsflüchtlinge in das Aufnahmelager Guantanamo Bay gebracht werden, wo erst nach einer gründlichen Einzelfallprüfung über das Asylanliegen entschieden wird. In der Folge einigten sich die beiden Regierungen auf ein Vorgehen für eine kontrollierte Auswanderung. 

Bettina Bormann

Geboren in Neustadt an der Weinstraße, aufgewachsen in Hameln, der Rattenfängerstadt. Studium der Sozialwissenschaften in Göttingen (Sozialpsychologie, Soziologie, Kriminologie, Strafrecht, Sozialpolitik), drei Jahre in der kriminologischen Forschung (Sonderforschungsbereich der Uni Bielefeld). Ausbildung zur Mediendesignerin (CDI, Göttingen) und Redaktionsvolontariat. Seitdem fest und frei - PR und Journalismus - heute PR und freie Reisejournalistin. Bettina Bormann lebt und arbeitet seit 1995 in Hamburg.