Geschichte

Die dunkle Seite der Karibik: 4. Die 30er-Jahre bis heute

Mehr als 500 Jahre nach der Eroberung durch Kolumbus, der barbarischen Kolonialzeit, der jahrzehntelangen Befreiung und Unabhängigkeit hat sich eine Sache nicht geändert: Die weiße Oberschicht gibt immer noch den Ton an.

TERROR IN DER DOMINIKANISCHEN REPUBLIK

1930 wird Rafael Trujillo Diktator der Republik. Er wird als „Caesar“ und „Neuer Moses“ gefeiert und selbst US-Politiker bezeichneten den Diktator als „Einen der größten Männer aller Zeiten“. Das sollte sich bald ändern: Die Zahlen variieren von 50.000 bis 500.000 Menschen, die angeblich während seiner 30-jährigen Amtszeit umgebracht wurden. Die Karriere von Trujillo begann mit einem Putsch und die US-Amerikaner arrangieren sich mit ihm im Kampf gegen den Kommunismus. Trujillo bewunderte insgeheim Franco und Hitler. Angeblich imponierten ihn die Durchschlagskraft und Brutalität der SA, SS und Gestapo und so baute er in kurzer Zeit sechs separate Geheimdienste auf. Nazi-Techniken wie Elektroschocks, Folter, Erschießungen von Gegnern und totalitäre Propaganda wie im Dritten Reich waren von nun an an der Tagesordnung. Der Dandy besaß angeblich 1000 Paar Stiefel und Hunderte Gala-Uniformen und liebte Make-up, um wie ein Weißer auszusehen. Mit seinem Lifestyle machte er auch auf die Bevölkerung Druck: Weiß ist gut, Merengue ist Volkstanz. Frauen färben ihre Haare und blichen die Haut und niemand wagte es, mit ungepflegter Kleidung das Haus zu verlassen. Er ließ, wie auch im Dritten Reich bei den Nazis und den SED-Schergen in der DDR beliebt, Spruchtafeln á la „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“. „Die Liebe der Deutschen Demokratischen Republik zum Sozialismus und zur Sowjetunion“ aufstellen, um das Volk auf seinen Kurs einzustimmen. Auf der Insel gab es rund 1800 Trujillo-Büsten, 100 neue Trujillo-Feiertage, Straßen, Parks und sogar Berge wurden nach ihm benannt. Bis Ende der 50er-Jahre gehörten 80 Prozent des Landes dem Trujillo-Clan. Aber der Widerstand im Untergrund wuchs. Das Ende, das jedem Diktator irgendwann blüht, war nah: Am 30. Mai 1960 wird er mit 60 Kugeln in seinem Straßenkreuzer erschossen.

 

FIDEL CASTRO UND CHE GUEVARA

Bis in die 50er-Jahre verkam das „Paris der Karibik“ immer mehr zur Billigversion von Las Vegas. Havanna wurde zur Metropole der Spielcasinos, Hotels, Bars, Theater und Bordelle, während die Armut auf der Insel weiter wuchs. Grund dafür war der Diktator Batista, der sich am Luxus bereicherte und sein Volk nicht am Gewinn beteiligte und aushungern ließ. Doch der Guerilla-Einheit um Maximo Lider „Fidel Castro“ und „Il Commandante“ Che Guevara gelang die Revolution gegen die Korruption. Sie vertrieben Dikator Batista aus Cuba und die Insel wurde zum ersten sozialistischen Staat der Karibik. Ab Herbst 1959 empfängt Cuba Waffenlieferungen, Kredite und Waren aus der Sowjetunion. Die USA brechen daraufhin alle diplomatischen Beziehungen ab und reagieren mit einem Wirtschaftsembargo, das bis heute anhält. 1962 entdeckten US-Aufklärer Atomraketen auf Cuba: Die heftigste Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs mündete beinahe mit dem Atomkrieg, den Generalsekretär der UdSSR Chruschtschow durch den Abzug verhindern konnte.

Fidel machte weiter und schaffte in den kommenden 60 Jahren das, woran letztlich alle kommunistischen Machthaber scheitern: Wäre er in den 60er-Jahren abgetreten, müsste man immer noch den Hut vor ihm ziehen. So bleibt die übliche Erkenntnis: Kommunismus funktioniert nicht. Und die diktatorischen Prozesse, ähneln immer mehr den Mustern des Faschismus, was Kontrolle, Überwachung, Propaganda, Erpressung und Folter betrifft. Bis heute herrscht Ausreiseverbot auf Cuba. Die Insel ist eine sozialistische Sperrzone. Zu kaufen gibt es auch nichts, außer alter Revolutionsschmöker von 1959, die keinen Menschen mehr interessieren. Pressefreiheit und Internet sind bis heute unbekannt und  hält Cuba weiterhin einen traurigen Weltrekord: Seit 60 Jahren gibt es Essensmarken!

DAS ENDE DER KOLONIALZEIT

1962 wird Jamaika unabhängig, 1966 Barbados – weitere Kolonien folgten. 1966 kommt Haile Selassie, der König des armen ostafrikanischen Landes Äthiopien nach Jamaika. Eigentlich hat er nur einen Abstecher von Trinidad & Tobago aus wirtschaftlichen Gründen machen wollen. Doch dann kam alles anders: Der 1,60 Meter große und 73 Jahre alte Mann, der sich „Der Löwe von Juda“ nannte, wird sich genauso gewundert haben wie Brian im „Leben des Brian“ über seine neue Messias-Rolle. Die Rastafaris hielten ihn für den Gott, der sie ins gelobte Land führen würde. (Weitere Informationen: „Das Neue Testament“ oder „Das Leben des Brian“, Monty Pythons und allen anderen Weltreligionen). Wie es dazu kam? Religion war schon immer Irrsinn und Afrika, die Heimat der Buffalo Soldiers, ist für viele Jamaikaner ein Sehnsuchtsort: Äthiopien ist  bettelarm aber wurde nie kolonialisiert. Verantwortlich ist auch Marcus Garvey, begnadeter Redner und Förderer der Mitbestimmung Schwarzer. Er gründet den Zusammenschluss afrikanischer Stämme „UNIA“. Leonard Howell, der Schüler Garveys und erster Rastafai predigt in Kingston. Eine Rede handelte von einem Schwarzen König, der Erlöser der Rastafaris sein würde. Als der „König der Könige“ Haile Selassie in Äthiopien zufällig zur gleichen Zeit zum Kaiser gekrönt wurde setzte diese Thronbesteigung eine Welle in Gang. In Jamaika erkannte man dies als die Prophezeiung.

Und wie immer, wenn Abgesandte Gottes erscheinen, passieren seltsame Dinge: Als der „Rasta-Gott“ am 21. April 1966 auf Jamaika ankam, soll es aufgehört haben zu regnen. Einige Rastafaris berichteten davon, das sieben weiße Tauben aufgestiegen seien. Andere erkannten Stigmatas am Selassies Händen, wie sie Jesus nach der Kreuzigung  trug. Der unverhoffte Messias riet daraufhin angeblich den Rastafaris zu bleiben und Jamaika zu befreien – in Äthiopien hatten sie genügend Probleme. 

Wie dem auch sei: Seine Show kam an. Und der 21-jährige Robert Marley war begeistert und trägt mit der aus Ska und Rocksteady entwickelten neuen Musik namens Reggae die Neue Botschaft in die Welt. Natürlich verstehen die wenigsten, worum es in den Songs wirklich geht. Aber der hypnotisch langsame Beat erobert die Karibik und die Welt. Bob Marley starb 1981 mit 36 Jahren an Krebs, – seine Musik lebt bis heute weiter. Selassie wurde 1974 Opfer eines Militärputsches und starb ein Jahr später in Haft. Der 21. April ist seitdem auf Jamaika einer der höchsten Feiertage.

DIE KARIBIK HEUTE: DIE WEISSE OBERSCHICHT GIBT DEN TON AN

Was für ein Fazit könnte man der Entdeckung Amerikas, der Kolonialisierung, der Versklavung und Befreiung geben. Beginnen wir bei der Tierwelt: In der Karibik sind seit Ankunft der Kolonialisten mehr als 20 Arten ausgerottet worden: Karibik-Manatis, Riesen-Faultiere, prächtige Aras gibt es nicht mehr. Geschätzte 50 Millionen Menschen starben seit der Ankunft von Christoph Kolumbus durch Massaker und Krankheiten. Fast fünf Millionen Afrikaner wurden als Sklaven in die Karibik verschifft, um auf Zuckerrohrplantagen unter katastrophalen Bedingungen zu schuften. Die Ureinwohner wurden innerhalb kürzester Zeit von den Spaniern ausgerottet. Haiti, das heute ärmste Land der westlichen Welt, war damals die reichste Insel und die erste, die durch eine Sklavenrevolution unabhängig wurde. Mittlerweile gibt es 13 souveräne Länder, zehn davon Mitglied der britischen Commonwealth. Die übrigen Inseln sind als Übersee- und Außengebiete im Besitz Europas und der USA.

Der 3000 Kilometer lange Inselbogen gilt seit dem 20. Jahrhundert als Tropenparadies. Von den namengebenden Insel-Kariben leben heute etwa 3500 auf Dominica in einem 15 Quadratmeter großen Reservat, das 1903 von den Briten eingerichtet wurde. Ihre Sprache starb um 1920 aus. Mehr als 500 Jahre nach der Eroberung durch Kolumbus, der barbarischen Kolonialzeit, der jahrzehntelangen Befreiung und Unabhängigkeit hat sich eine Sache nicht geändert: Die weiße Oberschicht gibt immer noch den Ton an. 

DAS „TEUFELSSÄURE“-DRAMA DER DOMINIKANISCHEN REPUBLIK

Und abseits der Traumstrände gibt es auf vielen Inseln große wirtschaftliche Not und Missstände. Noch immer ist Homophobie auf einigen Inseln ein Thema. „Teufelssäure“  der extrem ätzende Rohrreiniguer  mit dem Täter ihre Opfer übergießen, um sie fürs Leben zu zeichnen, ist immer noch in Supermärkten erhältlich  Oft sind es verlassene Ehemänner oder enttäuschte Liebhaber, die den Auftrag erteilen. Bleibt zu hoffen, das die Opfer unterstützt  die Täter hart bestraft werden und die Regierung den Verkauf verbietet. 

Karibik Guide

Die Sehnsuchtsziele mit türkisfarbenem Wasser und endlosen Stränden sind einzigartige Mikrokosmen. Jede Insel ist anders und begeistert mit bunten Korallenriffen oder Begegnungen mit großen Haien. Dazu die relaxten Bewohner, die mit kreolischer Küche, Rum-Cocktails und Reggae- und Soca-Beats das Leben zelebrieren – das gibt’s nur hier!