KolumneUmweltschutz

Klimakiller Flugreisen

Klimakiller Flugreisen? Und wie kommt man in die Karibik oder USA?Leider gibt es wenig Alternativen. Als Privatmann bin ich wie die Bali-Klimakleber von 2023 auch Umweltschützer. Viele Urlauber lieben Reisen in tropische Gefilde und verstehen sich als Botschafter. Selbsternannte „Öko-Warrior“ blenden dabei gern aus, dass sie mit ihren Spaßtrips den größten energetischen Skandal der Gegenwart subventionieren: Flugzeuge sind das mit Abstand umweltschädlichste Verkehrsmittel! Gibt es Alternativen?

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Wenn Urlauber verreisen, dann gern mit nachhaltigem Ansatz in ferne, untouristische Regionen. Wobei „nachhaltig“ und „Flugzeug-Fernreise“ per se ein Widerspruch ist. Untouristisch? Globetrotter sind ja auch keine normalen Touristen und haben andere Rechte als Pauschalurlauber, die träge am Strand herumhängen: Viele umrunden selbstlos die halbe Weltkugel, um in ihrer Freizeit eine Schildkrötenaufzucht-Station auf Bora Bora zu besuchen. Wer mit dem Porsche „Cayenne“ zum Bio-Supermarkt fährt und Fairtrade-Bananen aus Venezuela kauft, unterstützt in gewisser Weise ja auch die nachhaltige Landwirtschaft in der Dritten Welt.

EIN KARIBIKFLUG VERURSACHT MEHR KOHLENDIOXID WIE ZWEI JAHRE AUTO FAHREN

Fakten, die man nicht überfliegen sollte: Allein eine Reise in die Karibik verursacht vier Tonnen Kohlendioxid und ist klimaschädlicher, als zwei Jahre lang mit einem normalen Auto zu fahren. Rund 400 000 Liter Kerosin bläst eine Boeing 747 für den Hin- und Rückflug dafür in die Atmosphäre. Das entspricht der  CO2-Jahresemission von rund 100 Menschen in Afrika. Laut einer Studie von „The Future of Tourism“ verursacht die Tourismusbranche rund fünf Prozent der weltweiten Treibhausgase. Darunter fallen zum größten Teil Flüge und Autofahrten. Durch die stärkeren Auswirkungen von Kohlendioxid in großer Höhe sind Flüge für 75 Prozent des Treibhauseffekts durch Tourismus verantwortlich.

PRIVAT BIN ICH AUCH KLIMASCHÜTZER

Auf die Spaßfliegerei angesprochen, fallen oft Sätze wie: „Ich fliege ja nur einmal im Jahr nach Thailand, aber fahre Fahrrad.“ „Ich bleibe ja auch vier Wochen vor Ort und bin Vegetarier!“ Oder wie die Klimakleber, die im Januar 2023 nicht als Klimaschützer, sondern als Privatleute mit dem Flugzeug nach Thailand und Bali geflogen sind. Jay Kay von Jamiroquai – auch als „Umweltaktivist“ auf Alben wie  „Emergency on Planet Earth“ bekannt – verteidigt ja auch seinen beeindruckenden PS-Fuhrpark damit, dass er mit seinen Ferrari-, Lamborghini- und Mercedes-Supersportwagen nur wenig fährt. Und Konsequenz ist verdammt schwer. Wenn man ausschließlich Hühnerfleisch essen würde, müsste man laut „Bento“ 16 Jahre komplett auf Fleisch verzichten, um einen Australienflug „auszugleichen“, denn der Bundesbürger verbraucht laut „Spiegel Online“ im Durchschnitt 60 Kilogramm davon im Jahr. Außerdem ist es völlig egal, wie lange man bei einer Flugreise am Zielort bleibt.  

NUR  FÜNF PROZENT ALLER MENSCHEN HAT JE IN EINEM FLUGZEUG GESESSEN

Nur fünf Prozent der Menschheit hat übrigens jemals in einem Flugzeug gesessen. Rund 26 000 kommerzielle Flugzeuge düsen um die Erde und starten und landen auf den weltweit 3900 Flughäfen. Und der Luftverkehr wächst weiter. Warum sind Flugreisen so billig? Es müssen weder Straßen noch Schienen instand gehalten werden und die Reise wird mit steuerfreiem Kerosin subventioniert. Ein Flug von Hamburg nach Australien hin und zurück lässt laut „Spiegel Online“ zehn Quadratmeter Arktiseis verschwinden – pro Passagier! Bis zum Jahr 2050, so die „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (OECD), ist die Tourismusbranche für 40 Prozent der weltweiten-Emissionen verantwortlich. Ursache sind Langstreckenflüge an Ziele, die bei Tauchern sehr beliebt sind: Asien, Karibik, Malediven, Südsee – mit keinem anderen Transportmittel können solche Distanzen in so kurzer Zeit zurückgelegt werden. 

ALTERNATIVEN ZU KEROSIN FINDEN

Gibt es Alternativen? Es wird bereits versucht, Flugzeugtreibstoff aus Zuckerrüben oder Mais herzustellen. Inzwischen erforscht ein Verbund von Wissenschaft und Industrie die Herstellung von Kerosin auf Grundlage von Algen und aus Müll. Um die vom „Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit“ (BMU) angestrebte Klimaneutralität 2050 zu erreichen, dürfte jeder jährlich nur rund eine Tonne CO₂ emittieren. Die Fluggesellschaften sind nun gefragt: Null-Emissions-Flugzeuge oder umweltverträgliche Biotreibstoffe sollen kommen. Eine kurzfristige Lösung nennt sich „Carbon Offset“: Dabei wird ein Emissionen abhängiger Geldbetrag bei der Flugbuchung bezahlt, der für Klimaschutzprojekte eingesetzt wird (www.myclimate.org). Der Ausgleich ist eher als Investition in die Zukunft zu sehen, denn verringert werden die tatsächlichen Emissionen dadurch nicht. Den „CO₂-Fußabdruck“ ihrer Flugreise können Sie auf der Website www.atmosfair.de berechnen. Bis zur umweltfreundlichen Reise ist es wohl noch ein weiter Weg und es liegt an uns, Flugzeuge bewusster zu nutzen. Heißt das zukünftig Baggerseetauchen in Bitterfeld statt Tigerhai-Touren auf den Bahamas? Von den Folgen des Klimawandels sind vor allem diejenigen betroffen, die wenig dazu beigetragen haben: Menschen in Entwicklungsländern. Rund 2,4 Milliarden Menschen sind von der Landwirtschaft und den klimatischen Bedingungen abhängig.

Michael Krüger

Ist in der Medien- und Musikszene als Journalist, Texter und Kreativer aktiv. Nach Studium, Akademie & Volontariat fest oder frei in Redaktionen und Agenturen sowie als Reisejournalist und Artworker tätig. Für seine Reisereportagen wurde er mit mehreren Journalistenpreisen ausgezeichnet.